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DOCUMENT 2 (Introductory sentences omitted)*

Verschwendung in der Meeresforschung

Verschwendung in der Meeresforschung: Wenn Forschungspolitik zur Strukturpolitik mutiert

Der Wissenschaftsrat empfahl, "die BAH unter ihrem jetzigen traditionsreichen Namen als ein selbständiges Institut mit zwei Forschungsstandorten auf Helgoland und Sylt weiterzuführen und zu stärken. Hierzu bietet sich in erster Linie die Form eines Instituts der Blauen Liste an." Als zweitbeste Lösung wurde eine Angliederung an das AWI vorgeschlagen. Tenor des Gutachtens aber war, daß die BAH "in ihrem Kern unbedingt fortgeführt" werden solle. Gestützt auf dieses Gutachten wurde entschieden, die BAH an das AWI anzugliedern. Der Standort Hamburg soll aufgegeben werden, und die Forscher sollen in Bremerhaven weiterarbeiten.

Die Blaue-Liste-Lösung scheiterte, nachdem sich alle Beteiligten versichert hatten, daß eine befriedigende Lösung gefunden worden sei, an dem Einspruch Schleswig-Holsteins. Aus einer Zusammenlegung mit dem AWI erhofft man sich nun Einspareffekte durch gemeinsame Gerätenutzungen, Reduzierung von Verwaltungspersonal und sonstigen Synergien. Diese Einsparpläne überzeugen indes nicht. Nach Aussage mehrerer Forscher kann nur ein einziges Gerät in Bremerhaven von der BAH zusätzlich genutzt werden. Auch das sog. BAH-AWI Konzept weist nur ein Gerät zur gemeinsamen Nutzung auf.

Daß Verwaltungspersonal eingespart werden muß, ist allen Beteiligten klar, allerdings kann dies auch auf anderem Wege geschehen. Und was unter sonstigen Synergien zu verstehen ist, das wird nicht näher konkretisiert.

Der Standort Hamburg der BAH zeichnet sich durch eine Reihe spezifischer Investitionen aus. Erst Ende 1981 wurde ein neues Forschungsgebäude errichtet. Für die Forschung unerlässlich ist dabei das in Europa einzigartige Meerwasserkreislaufsystem. Da eine solche Anlage in Bremerhaven nicht vorhanden ist, müßte diese neu errichtet werden. Gleichzeitig müßte die Anlage in Hamburg abgerissen werden. Das AWI schlug als Alternativlösung vor, den Meerwasserkreislauf auf Helgoland zu nutzen. Dies aber dürfte zu massivem Protest seitens der Umweltschützer führen, da die Gefahr der Einbringung fremder Arten - eine große potentielle Bedrohung für Flora und Fauna - auf Helgoland außerordentlich groß ist. Helgoland - wie anderen Küstenstandorten auch - fehlt die natürliche Süßwasserbarriere, die in Hamburg durch die Elbe gegeben ist, wodurch die Gefahr der Einschleppung praktisch gleich Null ist. Die Kosten für eine Erweiterung in Bremerhaven sind vom BMBF noch nicht ermittelt worden. Hier drohen erhebliche Folgekosten.

Außerdem ist die BAH in Hamburg mit 14 temperaturkonstanten Räumen ausgestattet und verfügt im Labor Hamburg-Sülldorf über geeignete Einrichtungen für chemische Arbeiten. Solche Bedingungen finden die Forscher in Bremerhaven nicht vor. Dennoch wird argumentiert, diese Investitionen seien nicht verloren, da das BAH Gebäude in Zukunft von der Deutschen Elektronen Synchrotron (DESY) genutzt werden kann. Leider haben die Forscher der DESY keine Verwendung für einen Meerwasserkreislauf, da die DESY nun einmal Grundlagenforschung zur Teilchenphysik betreibt. Nach Berechnung einer Rechtsanwaltskanzlei summieren sich die Kosten des geplanten Umzugs auf ca. 50 Millionen Mark. 50 Millionen Mark Steuergeldverschwendung, die leicht vermieden werden kann, wenn man die BAH und die AWI zwar administrativ zusammenlegt, den Standort Hamburg aber erhält.

Noch größer allerdings wird der Schaden dadurch, daß durch den Umzug ein zukunftsträchtiger Wirtschaftszweig leichtfertig aufs Spiel gesetzt wird. Die BAH ist durch Personal und Ausstattung geradezu prädestiniert für die Naturstofforschung. Dieser Forschungszweig wird zur Zeit von den USA und Japan am intensivsten verfolgt. Hier werden sich nach aller Voraussicht in Zukunft neue Märkte entwickeln, mit denen neue Arbeitsplätze entstehen. Auch die Deutsche chemische Industrie ist an der Naturstofforschung mehr als interessiert. Deren Vertreter haben die Mitarbeiter der BAH in Hamburg mehrfach besucht und Ihren Wunsch zur Zusammenarbeit geäußert. Als sie von den Umzugsplänen hörten, sind sie aus allen Wolken gefallen, und es besteht Grund zu der Annahme, daß sie in diesem Fall ins Ausland abwandern werden. Eine verständliche Entscheidung, würde doch die Naturstofforschung durch den Umzug für ca. fünf Jahre blockiert, da der Standort Bremerhaven eben nicht für diesen Forschungszweig ausgestattet ist.

Stellt sich nur die Frage, warum eine solch offensichtlich finanz- und forschungspolitisch falsche Entscheidung auf Kosten der Steuerzahler durchgeboxt wird. Des Pudels Kern könnte wie so oft in politischen Seilschaften liegen. Die Entscheidungsträger im BMBF, die an der Umzugsentscheidung beteiligt waren, sind Bremer. Sollten hier möglicherweise Sachargumente nicht zählen? Sollte hier Strukturpolitik auf Kosten der Forschungspolitik betrieben werden? In der Bremer Lokalpresse war schnell von 50 bis 60 neuen Arbeitsplätzen die Rede. Daß diese Arbeitsplätze nicht neu entstehen, sondern nur von Hamburg nach Bremerhaven ziehen, scheint nicht zu interessieren. Diese Arbeitsplätze werden zudem teuer erkauft. Bremerhavens Oberbürgermeister Manfred Richter hat die kostenlose Unterbringung des BAH-Personals für zehn Jahre im Columbus-Center zugesagt. Außerdem trägt Bremen zum 01.01.1998 die Kosten der BAH-Zentrale zu 10 Prozent.

Auch die Antwort des BMBF auf eine Anfrage des BdSt gibt Anlaß zur Befürchtung, daß mit Folgekosten zu rechnen ist. In dem Schreiben ist bereits von einer möglichen Aufrüstung der Meerwasseranlagen in Bremerhaven die Rede. Natürlich "ohne großen finanziellen Einsatz". Als wichtigster Einsparpunkt wurde die Stillegung des Forschnungsschiffes "Victor Hensen" genannt. Doch dazu bedarf es keiner Zusammenführung von BAH und AWI. Wird ein Forschungsschiff nicht mehr gebraucht, wird es stillgelegt. Die Forscher weichen dann auf Schiffe anderer Institute aus. Auch das Bundesfinanzministerium besticht nicht gerade durch übertriebenen Aktivismus. Auf unsere Anfrage antwortete das BMF, daß den Ausführungen des BMBF nichts hinzuzufügen ist.

*Reprinted, with permission from the original article by Eike Möller, which appeared in the January 1998 issue of 'Der Steuerzahler', p 10.

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